Kühlende Quellen des Jura
Unter schwärmerischen Malern gilt das Schelmenloch bei Reigoldswil inmitten des Basler Jura bereits seit dem 18. Jahrhundert als beliebtes Naturmotiv. Um 1800 greift der Basler Maler Peter Birmann das Sujet in einer Detailstudie eines Wasserfalls der Frenke auf. Als rauschendes Quellwasser strömt der noch junge Fluss in einer engen Schlucht die Bürtenflue hinab. Romantisierend legt der Maler das schmale Tal mit seinen moosbewachsenen Felsblöcken und seiner urwüchsigen Vegetation in ein zartes Spiel von Licht und Schatten.
Dieses Thal ist eng, wild und mit hohen Gebirgen des Jura geschlossen; im Hintergrund erhebt sich der Wasserfall, ein Felsen voll Höhlen und Schluchten und reich an schönen Alpen; an seinen Felswänden strömen neun Brunnen hervor.
Johann Gottfried Ebel (1809-1810), Anleitung, auf die nützlichste und genussvolle Art die Schweiz zu bereisen, S. 342.
Liebliche Wasserfälle
Das Motiv des Wassers beschäftigt Peter Birmann über mehrere Jahre. 1802 gibt er das Album Voyage pittoresque de Bâle à Bienne par les vallons de Mottiers-Grandval heraus, in dem er den Flusstälern der Birs und der Schüss von Basel bis nach Biel folgt. Ausgehend von einem 13 Jahre zuvor von Philippe Sirice Bridel verfassten Text durchschreitet er in 36 Etappen pittoreske Dörfer, dunkle Klusen und wilde Gewässer. Währendem Bridel die stellenweise gefährliche Reise durch die engen Tobel als kathartischen Prozess in der Natur schildert, thematisiert Birmann in vielen seiner Bilder das Zusammenspiel von wilder und gezähmter Natur.
Nach einem Regen bemerkt man hin und wieder reizende Wasserfälle, welche mit der brodelnden Majestät des übrigen Ganzen im schönsten Contraste stehen. Bald sind es Faden von blaulichtem Gewässer, oder weisse Bänder von Schaum, die sich mit Moose vermischen, das den Fels, über welchen sie hinfliessen, bekleidet und so eine Art von Gemälde darstellen, das in seiner unbestimmten Bewegung und seiner Farbe unnachahmlich ist.
Philippe Sirice Bridel(1789), Reise durch eine der romantischester Gegenden der Schweiz 1788, S. 124.
Reissende Wassermassen
Bei Unwettern verwandelt sich die Birs in einen reissenden, zerstörerischen Strom, dessen tosendes Rauschen mit einem verstörenden Konzert der Elemente verglichen wird.
Es giebt kein erhabeneres und zugleich überraschenderes Schauspiel, als wenn man in diesen engen Schlünden zur Zeit eines Orkans wandelt, wo die Winde heulen, hagelschwangere Wolken sich aufthürmen, und mitten unter kreutzenden Blitzen der Donner in lang nachhallenden Schlägen rollt. [...] Die Echo’s wiederholen, verlängern und verdoppeln en lermenden Tumult der kriegenden Elemente, das Krachen der aneinander prasselnden Tannen, und das Gepfeife der Winde, welche jeden Augenblick in den Krümmungen des Thals gehemmt werden. Auch der Strom verstärkt von tausend Bächen, die sich an allen Seiten in Wasserfällen herunterstürzen, nimmt mit schrecklichem Gebrüll Theil an diesem grausenden Konzerte, das man für die Ouverture des Chaos halten möchte.
Philippe Sirice Bridel(1789), Reise durch eine der romantischester Gegenden der Schweiz 1788, S. 179-180.
Wasserwirtschaft
Auf seinem Weg nimmt Peter Birmann nicht nur das Wasser der Birs und ihrer Zuflüsse selbst in den Blick, sondern auch die handwerklichen Betriebe, welche sich an deren Ufer angesiedelt haben und ihre Energie nutzen: Sägereien, Glashütten und Mühlen säumen seinen Weg. In einer bewaldeten Schlucht zwischen Delsberg und Moutier treibt die Kraft der Birs die beiden Wasserräder der Schmiede von Roches an. Ihre einfachen Wirtschaftsgebäude sind nur über eine schmale Holzbrücke erreichbar. Jacques Henri Juillerat zeigt die Schmiede vermutlich einige Jahre später aus einer leicht verschobenen Perspektive.
Auf der Höhe des Jura, den man hier übersteigt, stürzt sich ein Bach in einen Schlund, über welchen eine Mahl- und Sägemühle wie in der Luft hängend erbaut ist, und Moulin de la Roche genannt wird.
Johann Gottfried Ebel (1809-1810), Anleitung, auf die nützlichste und genussvolle Art die Schweiz zu bereisen, S. 506.
Die Quelle der Birs
Im tiefsten Münstertal, einige Steinwürfe südwestlich von Tavannes entspringt die Birs einer Felskluft. Die Quelle speist ihr Wasser aus einem Flusssystem im Berginneren. Ihre Strömung ist bereits so stark, dass sie die Wasserräder einer Säge-, Hanf- und Ölmühle anzutreiben vermag.
Zehn Minuten über dem Dorfe entspringt die schöne Byrs-Quelle aus einem bemoosten Felsen, setzt gleich bey ihrem Entstehen drey Mühlenräder in Bewegung, und vermehrt die Anmuth der schon an sich reizenden Landschaft. Wenn man sich an ihrem neugeborenen Gewässer geweidet hat, das hier schon von kleinen Forellen bevölkert wird, und, die Nymphe der Quelle und den Genius des Ortes begrüsste, so verlässt man nun diesen Fluss, und scheidet ungerne von ihm, wie von einem treuen guten Freunde […].
Pilippe Sirice Bridel(1789), Reise durch eine der romantischester Gegenden der Schweiz 1788, S. 190-191.
Wasserspiele in Montreux
Das Spiel wasserspeiender Mühlräder fasziniert Maler und Touristen gleichermassen. In der Nähe von Montreux bannt der französische Landschaftsmaler Louis-Albert-Ghislain Bacler d’Albe 1786 in zwei sich ergänzenden Ansichten eine Mühle ins Bild, deren zahlreichen Wasserräder rund um das Gebäude angelegt sind. Offenbar war Bacler d’Albs Motiv unter Touristen nicht unbekannt: Ein Reiseführer des 19. Jahrhunderts empfiehlt, das Spektakel der sich über die Mühlräder ergiessenden Wassermassen der Baye vor allem zu Zeiten der Schneeschmelze oder nach starken Regengüssen zu geniessen. Umrahmt werde der pittoreske Anblick vom grossen Steinbogen der Brücke von Montreux. Tatsächlich ist im Hintergrund der Gouache von Bacler d’Albe eine Bogenbücke über die Gorges du Chauderon zu sehen.
Wasserkraft des Rheinfalls
Weniger erfreut wurde die Nutzung der Wasserenergie von Besuchern des Rheinfalls aufgenommen. Bereits seit dem Mittelalter betrieb die Kraft des Wasserfalls dort Getreidemühlen, Schleifwerkstätten und Eisenschmieden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden oberhalb des Rheinfalls zwei Dämme angelegt, welche der auf Schaffhauser Seite gelegenen Hammerschmiede über Kanäle Wasser zuführten. 1810 baute Johann Georg Neher das Eisenwerk zur ersten industriell betriebenen Eisenhütte am Rheinfall aus. In einer eher ungewöhnlichen Ansicht des Kataraktes zeigt das Aquarell von Johann Heinrich Luttringhausen die beleuchteten Fabrikfenster in einer Vollmondnacht.
Wir kamen durch eine schmutzige Strasse, zwischen Schmieden und Mühlen hindurch zum Fall. Welch ein Zugang zu einem Katarakt! Wenn ich daran denke, dass der Niagara ähnlich «verschönert» werden könnte, schaudert mich! Glücklicherweise kommt des Menschen Macht seinen Wünschen nie gleich; so wird eine Mühle an der Seite eines Weltwunders, wie es der Niagara ist, immer nur eine Mühle sein. Der kleine Rheinfall dagegen wird beinahe erdrückt durch den Geist der Industrie.
James Fenimore Cooper (1836), Sketches of Switzerland, by an American, Band 2, S. 38 (Deutsche Übersetzung).
Alte Sägemühle zu Weisslingen
Im Laufe des 19. Jahrhunderts verdrängte die industrielle Nutzung der Wasserkraft zunehmend die alten Mühlbetriebe. 1783 malt Johann Jakob Aschmann ein Aquarell der jahrhundertealten, wasserbetriebenen Sägemühle zu Weisslingen in der Nähe der Kyburg, welches das neben einem Wasserfall gelegene Sägewerk und dessen kreisendes Mühlrad zeigt. Zum Mühlbetrieb gehörten neben der Sägerei auch Scheunen, Ställe und ein Waschhaus. 1876 wurde das alte Wasserrad in einem vergeblichen Versuch der Modernisierung durch eine Turbine ersetzt. Um 1885 wurde die alte Mühle stillgelegt.
Flusswirtschaft im Stadtzentrum Zürichs
Auf dem Wasserweg wird das Holz, welches in den Wäldern des Umlandes von Zürich geschnitten wird, in die Stadt transportiert. So lässt es zumindest eine kolorierte Umrissradierung Johann Jakob Aschmanns vermuten, die den Warentransport auf der Limmat um 1800 zeigt. Aschmann nimmt das rege Treiben auf dem Fluss in unmittelbarer Nähe der vielbesuchten «Auberge de l’Epée» in den Blick, deren Zimmer prächtige Ausblicke auf das Grossmünster, den See und die Alpen gewähren. An der Schifflände unmittelbar davor landen die Boote mit Waren für die Stadt. In einer älteren Version der Ansicht ist dagegen noch das 1785 entfernte «Fischerhüttli» inmitten des Flusses zu sehen.
Herrn Hofmeisters Landgut und Fabrik im Letten unweit Zürich
Weiter flussabwärts, wo sich heute die Badegäste tummeln, wurde mit Hilfe der Wasserströmung einst Kattungewebe bedruckt. Oberhalb der heutigen Badeanstalt Unterer Letten in Wipkingen erbaute der Kaufmann Hans Jakob Hofmeister 1782 einen Kanal und ein Wasserwerk zur Erzeugung mechanischer Energie für seine Textildruckerei. Die Umrissradierung von Johann Jakob Aschmann zeigt das herrschaftliche Hauptgebäude der Hofmeisterschen Fabrik, den hölzernen Trockenturm am Limmatufer und die Wasserschaufeln für den Betrieb der Walkmühlen. Lange Tuchbahnen sind zum Trocknen ausgehängt und auf der Limmat schaukeln die Weidlinge vorbei.
Mattequartier in Bern
Die Bewohner der Stadt Bern wissen die Aare seit jeher für Handel, Gewerbe und Industrie zu nutzen. Im Mattequartier wurde mittels der Schwelle seit dem Mittelalter Wasser in die Matte geleitet, um die Sägereien, Gerbereien und Mühlen zu betreiben. Belebt wurde das Quartier durch die Anlegestelle für Schiffer und Flösser, welche den Fluss als Gütertransportweg nutzten. In der Badgasse unterhalb der Münsterplattform reihten sich ausserdem die öffentlichen Bäder. Selbst Giacomo Casanova besuchte diesen Ort im Jahr 1760.
Von einer Anhöhe bei der Stadt überschaute ich weithin die Gegend, die ein kleiner Fluss durchströmte. Ich stieg einen treppenartigen Weg hinunter und sah plötzlich an die vierzig kleine Hütten vor mir, die nichts anderers als Badekabinen sein konnten. Ein Mann von anständigem Äusseren fragte mich, ob ich baden wolle und öffnete mir auf meine bejahende Antwort ein Badehäuschen. Sogleich kamen mir eine Anzahl Mädchen entgegen. Der Mann sagte mir, dass jede von ihnen mich im Bade zu bedienen wünsche und ich nur wählen dürfe. Für Bad, Mädchen und Frühstück hätte ich nur einen halben Laubtaler zu bezahlen. So warf ich denn mit der Gebärde eines Grosssultans mein Schnupftuch derjenigen zu, die mir am besten gefiel, und trat mit ihr ein.
Giacomo Casanova (1792), Casanova in der Schweiz, S. 97 (Übersetzung von 1983).
Das Marzili
Der Flussweg nach Thun führt am Marzili-Quartier vorbei. Dort wo heute jeden Sommer Badefreudige eine Abkühlung suchen und Gummiboote das Flussbild prägen, verkehrten im 19. Jahrhundert Boote und Flosse mit Handelsgütern. Die reich kolorierte Umrissradierung von Johann Niklaus Schiel zelebriert detailreich die geschäftige und doch ausgesprochen idyllische Landschaft um Bern mit Fischern, Hirten, spielenden Kindern, Waschfrauen und dem Aufstapeln von angeschifftem Flössholz für den Winter.
Bemerkenswert an der Druckgrafik ist der Standpunkt des Malers. Er befindet sich beim Haus Albrecht von Hallers, des Schweizer Universalgelehrten und Verfasser des berühmten Alpen-Gedichts.
Idylle am Aareufer
Nach der nächsten Flussbiegung kommt die Alpenkette in Sicht, welche die ferne Quelle des Flusses ankündigt. Die spiegelnde Wasseroberfläche beim Elfenau-Park trägt das Floss im Vordergrund des Aquarells sanft an seinen Bestimmungsort. In der am Ufer gelegenen Parkanlage fand die Russische Grossfürstin Anna Feodorowna ihren privaten Erholungsort – ob sie es ist, die sich gerade auf der Bank unter dem Baum niedergelassen hat?
Der Weg nach Bern ist eine herrliche Landstrasse, meist mit hohen Obstbäumen und beschnittenen Hecken bepflanzt. Die Gegend ist ein reizender Garten. Nie sah ich mildere, schönere Fluren.
August von Platen (1816), Die Tagebücher des Grafen August von Platen aus der Handschrift des Dichters, S. 602 (Ausgabe von 1896).
Einfahrt in Thun
Gabriel Lorys Ansicht von Thun zeigt, wie die Aare die Insel Bälliz umfliesst. Verbauungen mit Holzbrettern und Pfosten regulieren das Wasser. Im Vordergrund auf der Inneren Aare sind Fischer mit dem Festmachen ihres Netzes beschäftigt, während ein Angler noch auf der Quaimauer entlanggeht, eine geeignete Stelle für den Wurf der Rute suchend. Auf der Äusseren Aare, die Allmendbrücke bereits passiert, wird ein mit Fahrgästen besetztes Ruderboot den Fluss hinuntermanövriert.
Der Thunersee, die hohen Gebirge ringsherum, die fruchtbaren Ebenen, die fast unabsehbaren Weiden, der Weinwachs, das hochgelegene romantische Schloss, und noch dazu die Aar, welche, nachdem sie den See durchflossen ist, die Stadt in zwen Theile zerschneidet ; dieses alles und die angenehmen Gärten und Landhäuser bilden zusammen ein landschaftliches Ganzes, welches manchem Reisenden schwer wird zu verlassen.
Balthasar Anton Dunker (ca. 1793-1796), Vierzehn Aussichten im Oberlands jenseits Thun gewählt, S. 1.
Gärten am Thunersee
Wo die Aare aus dem Thunersee fliesst, steht das Schloss Schadau in einer weitläufigen englischen Parklandschaft. Gabriel Lory widmete dem Schloss zwei Ansichten. Vom Aarenordhang öffnet sich der Blick auf die Stockhornkette im Hintergrund. Am Aareufer liegt Flössholz für den Abtransport nach Bern bereit – der Transportkahn ist schon da. Die zweite Ansicht von der anderen Aareseite zeigt den Park des Schlosses Schadau, in dem farbenfrohe Rosen und üppige Zierpflanzen wachsen. Ein gedecktes Boot mit Ausflüglern fährt auf den See hinaus auf das Panorama mit Jungfraumassiv und Blüemlisalp zu.
Eine den Blicken schmeichelnde, wenn auch nicht bedeutende Merkwürdigkeit des Thuner-Sees sind die vielfach verschiedenen auf das willkürlichste wechselnden Streifen des Gewässers seiner Oberfläche. Gleich einer stellenweise polirten Scheibe zeigt er hier glatte und spiegelnde, dort glanzlose, dunklere und matte Parthieen, ohne dass man die Ursache sofort entdecken kann.
Johann Rudolf Wyss (1816-17), Reise in das Berner Oberland, Bd. 1, S. 268.
Alltag am Brienzersee
Wasser prägt nicht nur die touristische Wahrnehmung, sondern auch den Alltag der lokalen Fluss- bzw. Seebewohner. Auf dem von steilen Ufern umgebenen Brienzersee wurde der Weg über das Wasser viel genutzt: Vieh wurde auf Kähne verladen, um zur gegenüberliegenden Alp zu gelangen; Baumaterial wurde auf Lastkähnen transportiert; Müller, Bäcker und Hausierer lieferten ihre Waren über den See aus. Das Aquarell von Friedrich Wilhelm Moritz zeigt ein in Iseltwald ablegendes Boot, das mit «Kind und Kegel» beladen ist – selbst die beiden Ziegen müssen mit.
Die Schifflände in Tracht
Johann Jakob Wetzel fängt das bunte Treiben an der Schifflände in Tracht bei Brienz ein. Vor den drei Gasthäusern herrscht ein Kommen und Gehen. Gäste treffen sowohl hoch zu Ross, in vornehmer Reisekutsche, als auch mit schwerem Rucksack und Wanderstock ein. Die Schiffe liegen am Ufer des Brienzersees bereit, um die Touristen an die schönsten Orte der Gegend zu bringen. Weit bekannt waren die singenden Schifferinnen von Brienz. Wie in vielen Reiseberichten der Zeit beschrieben, ruderten sie in traditionellen Trachten Besucher zu den Giessbachfällen hinüber und unterhielten sie dabei mit Volksliedern.
Bootsfahrt auf dem Brienzersee
Auch Franz Niklaus König war ein Besucher der berühmten Schifferinnen und hielt fest, wie die Fahrgäste in einem überdachten Weidling von zwei Oberländerinnen über den See gerudert und gesteuert wurden.
Entweder steigt man in Brienz oder bey Tracht ab, gewöhnlich an lezterm Ort. In beyden find Wirthshäuser, wo man gedeckte Schiffe, zur Fahrt über den Brienzer-See findet; man bedient sich hierzu gerne einiger Schiffermädchen, der Schwestern Brunner, die eine davon genannt: Admiral Nelson; oder aber der schönen Elisabeth Grossmann. Neben dem dass sie alle gute Schifferinnen sind, geniesst man ihre Gesänge, während sie ihre Ruder recht männlich handhaben.
Franz Niklaus König (1814), Reise in die Alpen, S. 47-48.
Die Brienzer Schifferin
Die zweifellos Berühmteste der Brienzer Schifferinnen war Elisabeth Grossman, die als «belle batelière» in die Geschichte des Tourismus im Berner Oberland einging.
Eine hübsche Schifferin, gepriesen, gemalt und besungen ward, ist mehrere Sommer hindurch die Freude der Reisenden gewesen, welche Gesang, naives Gespräch, und den Anblick weiblicher Holdseligkeit in diesem romantischen Gelände, als letzte Vollendung des reizendsten Bildes zu Behuf ihrer einstigen Rückerinnerung, sich wünschen mochten.
Johann Rudolf Wyss (1816-17), Reise in das Berner Oberland, Band 2, S. 885.
Ausflugsziel Giessbachfälle
Die rudernden und singenden Brienzerinnen trugen mit ihrem Charme auch zur wachsenden Bekanntheit der lange unbeachtet gebliebenen Giessbachfälle bei. Der mehrstufige Wasserfall an den Südhängen des Brienzersees bietet Besuchern das einzigartige Erlebnis, hinter die herabstürzenden Wasser zu treten.
One of the falls shoots so far over the projecting rock, as to leave an interval between its volume and the precipice, and where the spectator, admitted behind it, has an excellent opportunity of estimating the prodigious force of the descending water. The most striking effect, however, its produced by the tranquil lake beneath and the mountains opposite, as they are seen through the liquid curtain, contrasting their own stillness and serenity with the rush and roar of the impetuous torrent.
William Beattie(1836), Switzerland, Band 2, S. 103.
Gasthaus zur Treib am Vierwaldstättersee
Ein beliebtes Reiseziel ist auch der Vierwaldstättersee. Die Urschweiz bot den Reisenden majestätische Landschaft und gelebtes Geschichtsbewusstsein. Im wassernahen Gasthaus zur Treib tagten einst die Alten Eidgenossen. Das im 15. Jahrhundert erstmals urkundlich erwähnte Haus diente als Schutzort für Schiffbrüchige. Auf Gabriel Lorys Aquatinta und der Aquarell-Vorlage sind das Gasthaus sowie ein reger Schiffsbetrieb festgehalten. In der gedruckten Version fährt gerade ein Ausflugsboot am mit Mensch, Tier und Waren beladenen Transportkahn vorbei in Richtung Urnersee.
Wir hatten eine herrliche Fahrt auf dem Vierwaldstättersee, dessen Ufer so abwechselnd, so gross, so pittoresk sind. Schroffe Wände, düstere Höhlen, schwarze Wälder sehen oft auf grünende Alpen, freundliche Dörfer und bunte Laugehölze des Gegenufers. Der Wind war uns äusserst günstig; wir spannten das Segel auf und vollendeten in einer Stunde den Weg von dreien. Die Wellen hoben sich noch hoch vom Sturme und wiegten den leichten Kahn.
August von Platen (1816), Die Tagebücher des Grafen August von Platen aus der Handschrift des Dichters, S. 585 (Ausgabe von 1896).
Tellskapelle am Urnersee
Der stürmische Urnersee nimmt in der Sage von Wilhelm Tell einen bedeutenden Platz ein. Der Schweizer Held rettete sich vor dem Vogt Gessler und dem drohenden Kerker mit einem gewagten Sprung auf die Felsplatte am Ufer. Am diesem Ort wurde eine Kapelle errichtet, bei der jährlich am Freitag nach Auffahrt den Ursprüngen der Eidgenossenschaft gedacht wird.
[…] solch ein grausam mördrisch Ungewitter gählings herfürbrach aus des Gotthards Schlünden, dass allen Ruderern das Herz entsank, und meinten alle, elend zu ertrinken. […] Und an dem Ufer merkt' ich scharf umher, wo sich ein Vorteil auftät' zum Entspringen. Und wie ich eines Felsenriffs gewahre, das abgeplattet vorsprang in den See – […] Jetzt schnell mein Schiesszeug fassend, schwing ich selbst hochspringend auf die Platte mich hinauf, und mit gewalt'gem Fussstoss hinter mich schleudr' ich das Schifflein in den Schlund der Wasser – dort mag's, wie Gott will, auf den Wellen treiben! So bin ich hier, gerettet aus des Sturms Gewalt und aus der schlimmeren der Menschen.
Friedrich Schiller (1804), Wilhelm Tell, S. 161-163.
Anlanden in Flüelen
Ein günstiger Wind bringt den Urner Nauen bald ans sichere Ufer. Am südlichen Ende des Urnersees liegt die geschäftige Schifflände von Flüelen. Sie ist von grosser Bedeutung als Umschlagplatz für Waren aus aller Welt und als wichtiger Verkehrsknoten zu einer Zeit, in der die steilen Ufer kaum passierbar waren.
Während an den Einflüssen der Reuss und Muotta seine Ufer flach sind, steigen sonst überall hohe Berge in steilen Felswänden empor. Hier hat der See die grösste Tiefe, hier ist er vorzugsweise reich an schönen Fischen, hier werden aber auch die Stürme am gefährlichsten. Geräth er in Aufruhr, so tobt die Brandung an den schroffen Felsen des Ufers fürchterlich. Sein Wasser ist dunkel und kalt, dennoch friert es nie zu.
Heinrich Runge (1865), Die Schweiz in Original-Ansichten mit historisch topographischem Text, Band 1, S. 71.